Wie die Walfänger

Gäubote 11.11.2010

Bondorf: Karl-Heinz Fleck graviert Elfenbein

Karl-Heinz Fleck graviert Portraits auf Horn, Nüsse und Tierknochen

 

Zwei Messergriffe aus Elfenbein, zwei Rassehunde, deren Portraits auf diesen Griffen vertrauensvoll dreinschauen- der stolze Messer- und Hundebesitzer erkennt sie auf den ersten Blick, auch wenn sie nur gezeichnet sind, geschabt hinein ins helle Material, vom Bondorfer Karl-Heinz Fleck, der sich seit letztem Jahr darauf spezialisiert hat, Elfenbein und Ähnliches mittels der sogenannten Scrimshaw-Technik zu verschönern.

 

Von Thomas Morawitzky

Gute Voraussetzungen für den Einstieg in diese Szene brachte der 59-jährige Bondorfer zweifellos mit: lange war er tätig gewesen als Retuscheur in einer Freudenstädter Firma für Tiefdruck. Ein solides grafisches Handwer, bei dem mitunter noch mit dem Pinsel zu Werke gegangen wird. Der Pinsel spielte auch in Flecks privatem Leben seit jeher eine Rolle: Im Bondorfer Umkreis hat er sich längst schon etabliert als Maler von Porträts, die er zumeist nach Fotografien anfertigt. In den unterschiedlichsten Techniker, darunter auch Aquarell und Bleistiftzeichnung, bestellt sich so manch ein Bondorfer gerne ein Bild seiner Lieben bei Karl-Heinz Fleck. Auch einige Postkarten hat er mit lokalen Motiven versehen, in Bondorf erfreuen sie sich großer Beliebtheit.

Auch andere Orte

 Rund 20 Bondorfer Motive hat er auf Karte gebannt, sich mittlerweile aber auch anderen Orten zugewendet: In Eutingen beispielsweise hat er seine Karten anlässlich der dortigen Sichelhenketse angeboten, zu den Motiven, die er wiedergab, gehörte auch ein historisches Bildnis der dortigen Narrenzunft.

Die Motive, die er auf Knochen, Elfenbein oder synthetische Ersatzmaterialien ritzt, sind meist anderer Art. Fleck selbst hat auch einmal seinen eigenen Enkel auf diese Weise verewigt, von Kunden gewünscht werden jedoch zumeist Natur- und Tierbilder, wie die Rassehunde, oder Genremotive, wie ein Indianter mit Kopfschmuck oder der ewig markant dreinschauende Clint Eastwood, der seine ersten schauspielerischen Lorbeeren ja als Westernraubein Django nach Hause trug. So einer macht sich einfach gut, auf einem Messergriff.

 

Vertrauen ist nötig

Die Scrimshaw-Technik ist alt, sie wurde von den Seefahrern entwickelt, Walfängern, die auf ihren Reisen viel Zeit hatten, Bilder in die Knochen der großen maritimen Säugetiere zu ritzen. Es entwickelte sich schnell ein Kunsthandwerk, das Sammler in aller Welt fand. Zu den beliebtesten Materialien, die mit den hauchfeinen Gravueren bedeckt wurden, gehört seit jeher das Elfenbein. Heute steht freilich längst nicht mehr jeder Elefant zum Abschuss bereit, die Jagd auf das weiße Gold ist schlecht beleumundet, die Tiere werden geschützt. Ein Künstler, der auf Elfenbein arbeitet muss darauf achten, dass sein Material zertifiziert ist, meist jedoch wird fossiles, nicht minder kostspieliges Mammutelfenbein verwendet. Außerdem sein synthetischer Ersatz, das Elforin, das auch in einer Phofphoreszierenden Variante geliefert werden kann. "Es dauert einige Zeit", sagt Karl-Heinz Fleck, "bis einem jemand einen Messergriff aus echtem Elfenbein anvertraut, das ist ein großer Vertrauensbeweis."

Fleck ist stolz darauf, dass es bei ihm selbt nicht gar so lange dauerte: Als er sich entschloss, professionell in der Scrimshaw-Branche aufzutreten und begann, systematisch die infrage kommenden Fachmessen zu besuchen, war dies nur eine Frage von Monaten. Bis dahin arbeitete er in Elforin und stellte das Können, das er in seiner jahrzehntelangen Praxis als Retuscheur und Portraitmaler erworben hatte, aus.

Wachsender Kundenstamm

Etwas mehr als ein Jahr liegt das nun zurück. Mittlerweile arbeitet Fleck mit dem Bondorfer Messerhersteller Martin Stierlin zu sammen und weitet seinen Kundenstamm kontinuierlich aus.

Den Pinsel des Malers tauscht er bei dieser Arbeit mit dem Schaber und dem Sichel, den einzigen Werkzeugen, die in der Scrimshaw-Technik zum Einsatz kommen, in nur einer Größe. Das Motiv gibt die Arbeitsweise vor. Tiere mit Fell erfordern geringeren Aufwand, denn die Haare des Fells können als Linien gezogen werden, während andere Motive in pointilistischer Technik Punkt für Punkt gesetzt werden müssen. Fünf bis acht Stunden sitzt Karl-Heinz Fleck an einem Werkstück, eine Speziallampe leuchtet auf seiner Stirn. Schliff und Politur des Untergrunds, die vorhergehen müssen, nehmen eine weitere Stunden in Anspruch. Aber schließlich blicken sie den Auftraggeber an, vom Messergriff, vom Medaillon herab: ein Enkel, ein Indianer, ein Rassehund.

 

 Schwarzwälder Bote